Ackerland

in Düsseldorf

Ein Artikel unserer AG Boden in der aktuellen Grünstift-Ausgabe.

Ackerland
In Düsseldorf gibt es Potentiale für die „Essbare Stadt“.Der Anteil an landwirtschaftlich genutzten
Flächen liegt in Düsseldorf bei 4.163 ha(19,1 % der Stadtfläche). Das ist sehr wenigfür eine Stadt. Davon werden 2.606 ha als Ackerfläche und 1.557 ha als Grünland genutzt. Rund 360 ha dieser Ackerflächen und 533 ha Grünland stehen im Eigentum der Stadt. Das Liegenschaftsamt verpachtet die
Flächen, die kleinteilig auf das Stadtgebiet verteilt sind. (Zahlen-Angaben Verwaltung Düsseldorf)


Wer Ackerland sucht, hat es zurzeit nicht leicht. Land wird knapp. Ähnlich dem Wohnraum ist es seit einigen Jahren verstärkt zum Spekulationsobjekt von Banken und Konzernen geworden. Die Kaufpreise haben sich in NRW zwischen 2010 und 2020 durchschnittlich von 28.000 € auf 60.000 €
mehr als verdoppelt (Quelle: statistisches Bundesamt). Wer das meiste bietet, bekommt den Zuschlag. Mit der Produktion von Lebensmitteln ist es kaum möglich, solche Kaufpreise wieder hereinzuwirtschaften. Die zunehmende Unsicherheit durch den Klimawandel und die preislichen
Schwankungen auf dem globalen Markt machen den landwirtschaftlichen Betrieben ohnehin zu schaffen.
Auch Heiner Hannen, Biobauer in Büttgen (Kreis Neuss), sucht seit längerem vergeblich Land (Artikel Schrot&Korn) Viele Düsseldorfer:innen kennen den Lammertzhof. Er beliefert rund 3.000 Haushate wöchentlich mit frischem Gemüse in der Bio-Kiste und bietet damit in Düsseldorf eine Möglichkeit, regionales Bio-Gemüse zu beziehen. Es gibt noch zwei weitere Höfe in der Umgebung Düsseldorfs,
die Bio-Kisten anbieten. Mehrheitlich wird auf den Ackerflächen in NRW Getreide für Viehfutter angebaut (60%).

Eine weitere Quelle für wirklich regionale, frische Lebensmittel ist die Solawi Düsseldorf.
Das Konzept der solidarischen Landwirtschaft ist ambitioniert: Mitglieder (Konsument:innen) bezahlen monatlich einen festgelegten Beitrag und finanzieren damit den Betrieb. Dafür erhalten sie monatlich
einen „Ernteanteil“ am vielseitigen Anbausortiment und zusätzlich direkte, vielfältige Einblicke in die Gemüsegärtnerei bzw. Landwirtschaft. Kalkuliert wird der Preis für ein Jahr im Voraus kostendeckend bei fairen Löhnen für die angestellten Fachkräfte, unabhängig von der Höhe der Ernte, die ja bekanntlich von vielen Unwägbarkeiten abhängt. Die Anteile können trotzdem unterschiedliche Preise haben. Jede:r bietet bei der jährlichen Beitragsrunde das, was Mensch für sich richtig und machbar hält. Zur Zeit gründen sich Solawis deutschlandweit in großer Zahl. Die erste Solidarische Landwirtschaft in
Düsseldorf gründete sich 2016. Heiner Hannen verpachtete ihr damals ein kleines Feld in Büttgen, so dass die Solawi auf einem biologisch bewirtschafteten Acker startenkonnte. Inzwischen nutzt sie zusätzlich eine Fläche in Düsseldorf am Rande des Südparks. Der Acker ist von der Stadt gepachtet
und war bis vor einigen Jahren das Anbaugelände für frisches Gemüse und Obst für
den Bioladen im Südpark, betrieben von der Werkstatt für angepasste Arbeit. Leider
wurde der eigene Bioanbau als Sparmaßnahme der Stadt gestrichen.

Ein echtes Alleinstellungsmerkmal der Stadt Düsseldorf sind die Ackerflächen in Volmerswerth und (Kappes-)Hamm, 1a-Ackerboden für Gemüseanbau quasi mitten in der Stadt. Doch hier wird immer weniger Kappes (Kohl) oder anderes Gemüse angebaut. Immer mehr Flächen sind mit schwarzer Folie überzogen, auf der Blumenstauden herangezogen werden. In Containern neben den Feldern wohnen die Arbeiter:innen, denen man fast das ganze Jahr beim Umtopfen und Verteilen der tausenden Kunststoff-Töpfchen auf den Flächen zusehen kann. Alarmierend ist in dem Zusammenhang die
Aussage des BUND, nach der konventionell gekaufte Topfblumen oft als bienenfreundlich angepriesen werden, in Wirklichkeit aber wegen der starken Belastung mit Pestiziden eine Gefahr für Insekten darstellen. (bund.net/zierpflanzentest_2022)

Mit Plastik abgedeckter Boden


Leider hat der Markt sich in diese Richtung entwickelt. Im globalen Vergleich ist die Arbeit, die mit dem Gemüseanbau verbunden ist, in Deutschland zu teuer. Ist irgendwo auf der Welt der Anbau von Gemüse kostengünstiger (trotz Transportkosten, Wasserproblemen o.ä.), bleiben die Gärtnereien in Volmerswerth und Hamm auf ihren Erzeugnissen sitzen und tragen das volle Risiko. Kein Wunder, dass immer mehr Betriebe aufgeben.
Bei Spaziergängen am Rhein in Volmerswerth fiel uns auf, dass einige Felder seit Jahren nicht genutzt werden. Wir bemerkten, dass eine Fläche direkt am Rhein so stark und tief mit Plastikbändchen, kaput-
ten Blumentöpfen und Folie durchsetzt ist, dass Landwirtschaft wahrscheinlich garnicht mehr möglich ist. Hier wird bestes Ackerland scheinbar als Müllkippe missbraucht. Wem gehört dieses Land? Gibt es
keine Handhabe bei solchen Vergehen? Wie kontrolliert die Stadt die umweltschonende
Nutzung des Ackerlandes und die Bedingungen, die sie zu der Pacht des stadteigenen Landes stellt, zum Beispiel, dass kein Glyphosat benutzt wird?
Immer mehr Menschen wünschen sich
regional angebaute Lebensmittel, mehr Berührungspunkte mit der Produktion, mit der Landwirtschaft. Düsseldorf hat mit den Ackerflächen in Zentrum-Nähe die seltene Chance, eine direkte Versorgung mit frischem Gemüse in größerem Stil möglich zu machen. Urban Gardening nicht nur imHochbeet, vertikal oder auf dem Dach, zum Anschauen und Naschen, sondern eine echt
„Essbare Stadt“! Pachtflächen in Hamm und Volmerswerth und natürlich auch anderswo in Düsseldorf
könnten mit einem Punktesystem vergeben werden, wie es seit einigen Jahren immer mehr Kirchengemeinden und Städte vormachen: Nicht, wer am meisten bezahlt, bekommt den Zuschlag. Stattdessen werden Punkte vergeben je nachdem wie umweltschonend gewirtschaftet wird, wie klein oder groß und daher abhängig von mehr Land ein Betrieb bisher ist (Existenzgründer:innen), wie viele reguläre Arbeitsplätze geschaffen werden, was angebaut wird, wie regional vermarktet wird, usw.
Wer die meisten Punkte erzielt, bekommtden Zuschlag. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat einen ausgeklügelten Punktekatalog zur gemeinwohlorientierten Verpachtung ausgearbei-tet. Dieser Vorschlag richtet sich an alle Verpächter:innen, denn auch Kirchengemeinden und Privatpersonen können ihr Land gemeinwohlorientiert verpachten.
Die Stadt Düsseldorf verpachtet ihr Ackerland zu Preisen, die im NRW-Vergleich hoch, also an der Grenze der landwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit liegen. Bisher gibt es nach unserem Stand keinen oder einen kleinen zertifizierten Bioanbau-Betrieb in Düsseldorf. Um den Anbau von gesundem
Gemüse für Düsseldorf zu unterstützen, könnte die Stadt die Pacht für Produzenten von pestizidfrei angebauten Lebensmitteln für den regionalen Markt günstiger machen und so Bio-Anbau und mehr Gemüseanbau nach dem Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft forcieren. Auch das Mittagessen in Kitas und Schulen könnte mit regionalem, frischem Salat und Gemüse aus Düsseldorf aufgewertet werden.
Mehr Informationen unter: www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-land-fuer-alle-100.html (Thema Landgrabbing), https://schrotundkorn.de/essen/bauer-sucht-pachtland, https://solawi-duesseldorf.de/, www.abl-mitteldeutschland.de/mitmachen/gemeinwohlkampagne (Gemeinwohlverpachtung), www.kulturland.de, www.bioboden.de
Anne Mommertz (für die AG Boden des Ernährungsrats Düsseldorf)

Hier wird Plastik aus einem aufgegebenen Feld ausgesiebt
… und soviel Plastik war in einem Eimer Erde drin! Fotos: Michael Bonke